Von Musikalität und Klangqualität
Heute möchte ich ein nicht unwesentliches Thema ansprechen, das mich und vermutlich viele andere Musikfreunde und Musiker betrifft beziehungsweise plagt.
Mit den Aufnahmen der Klavierkonzerte von S.Prokofieff (D.Kitaenko, Klavier, V.Krainev, Dirigent, Frankfurter RSO) habe ich nach längerem Suchen endlich eine Einspielung auf CD gefunden, die mir durch und durch stimmig und gelungen erschien. Hier wird nicht übertrieben “übermusiziert”, um die gefühlte 100.000ste Aufnahme dieser Werke zu rechtfertigen. Es besteht eine perfekte Balance aus Klavier und Orchester, sämtliche Tempi und Phrasierungen werden so gewählt, um den Spannungsbogen von Anfang bis Ende zu ziehen.
Ich könnte an dieser Stelle seitenweise weiterschreiben, habe allerdings nicht vor, eine Kritik an der Interpretation auszuüben (auch wenn sie höchst positiv ausfiele).
Nein, viel mehr geht es mir um die darauffolgende Ernüchterung. Zunächst hörte ich die Aufnahme nämlich auf meinen Computerboxen- testhalber. Vielleicht auch ein klein wenig im Hintergrund, ich gebe es zu. Hier fiel mir genau so wie später mit mp3-Player und Kopfhörern nichts negativ auf.
Der Schock kam erst später, als ich die CD in den CD-Player meiner “großen” Anlage einlegte. Plötzlich war das Orchester unglaublich weit distanziert, verschwommen, undifferenziert. Auf der anderen Seite klang das Klavier etwas blechern, als ob es getrennt am WC des Konzerthauses aufgenommen und nachträglich hinzugefügt wurde. Kurzer Gegencheck mit ein paar anderen CDs (Kind Of Blue zB), ja, meine Anlage ist OK.
Die Aufnahme klingt leider wie eine aus den Anfängen der Digitaltechnik. Tatsächlich wurden die Konzerte 1991 DDD, also komplett digital, eingespielt. Und eben zu einer Zeit, wo ich meine, dass eben jene Digitaltechnik noch lange nicht bereit war, den vorher versprochenen Qualitätsansprüchen genüge zu tun. Meiner persönlichen Erfahrung nach dauerte es noch sehr lange, bis Toningenieure es verstanden mit den neuen Medien umzugehen (meine CDs etwa aus den Jahren 2005 und später klingen plötzlich ungleich plastischer und weniger verschwommen als die meisten meiner älteren Klassik-CDs, ich möchte mich jedoch davor hüten sie alle über einen Kamm zu scheren).
Manchmal bleibt einem, trotz moderner, fantastischer Technik, nichts anderes übrig, als sich mit akustisch “minderwertigen” Aufnahmen zu begnügen, um eine durchwegs musikalische Interpretation zu hören. Ein Extrembeispiel, das ich immer wieder gerne herhole stellt das zweite Klavierkonzert Rachmaninoffs dar.
Der Komponist hat unter anderem dieses Werk selbst am Klavier eingespielt, und zwar unter der Leitung von Alexander Siloti. Diese Aufnahme klingt dem Alter entsprechend verrauscht und ist von Störgeräuschen, wie man sie von Schellack-Platten kennt, durchsetzt. Hört man sich die Aufnahme an, gibt es jedoch kein Zurück zu moderneren Aufnahmen. Ich zumindest konnte keine neue Aufnahme finden, die die Balance aus Klavier und Orchester derartig treffend meistert. Der Komponist weiß eben, wann er sich als Pianist zurückhalten muss um dem Orchester die Bühne zu überlassen. Pianisten wissen dies meist leider nicht, und so klingen andere Einspielungen meist wie eine Persiflage auf das eigentliche Werk.
Vielleicht schreibe ich einmal einen eigenen Artikel zu diesem Thema, es ist mir ein Anliegen.
Zusammenfassend möchte ich sagen, dass ich durch die nun bereits etablierte moderne Aufnahmetechnik guter Dinge bin, dieses Thema in Zukunft nicht mehr ansprechen zu müssen. Dennoch gibt es eine Menge musikalisch hervorragender Aufnahmen, die klangtechnisch leider versagen und eine einzigartige Interpretation zunichte machen. Auch sollte man eines nicht vergessen: Gute Technik und Ausrüstung genügen nicht, man muss sie auch einzusetzen wissen. Und schlechte Techniker wird es nunmal immer geben.